Sehr geehrte Frau Hartmann,

Zu Frage 1: Teilchengrößenbestimmung nach DAC-Probe 22
In der Alternativen Identifizierung DAC/NRF wird für Ausgangsstoffe teilweise die Prüfung auf Prozessbegleitende Merkmale gefordert. Diese ist nicht immer erforderlich und nur notwendig, wenn für die Rezepturherstellung mikrofeine Teilchengröße vorgeschrieben ist, beispielsweise durch eine entsprechende NRF-Vorschrift. Das kann bei halbfesten Zubereitungen mit suspendiertem Wirkstoff oder bei Kapseln für die Pädiatrie der Fall sein.

Die Hersteller-Angabe "mikrofein" auf dem Analysenzertifikat reicht nicht aus. Die Beurteilung erfolgt nach DAC-Probe 22, Methode A. Zu diesem Thema ist vor drei Wochen ein DAC/NRF-Rezepturtipp erschienen:

https://dacnrf.pharmazeutische-zeitu...dex.php?id=876

Zu Frage 2, Lagerung:

Aufbewahrung in der Apotheke: Die Aufbewahrung im Kühlen oder im Kühlschrank kann für alle wasserhaltigen Grundlagen (Cremes) empfohlen werden, ist jedoch nicht verbindlich. Vorrangig geht es hierbei z. B. um Fettverderb, also um Alterungsprozesse der Grundlagen, die vor allem chemisch zu begründen sind. Bei der unkonservierten Kühlcreme DAB geben wir bei den Verwendbarkeitsfristen der Dermatika-Grundlagen in den Tabellen für die Rezeptur die Kühlschranklagerung ausdrücklich mit an, weil sich die Grundlage unter diesen Bedingungen auch physikalisch als lagerstabiler erwiesen hat. Dies ist insofern ein spezieller Fall, als dass die Grundlage keinen Emulgator enthält und als physikalisch instabil gilt.

Aufbewahrung beim Patienten: Konservierte Cremes sollen möglichst bei Raumtemperatur aufbewahrt werden, es sei denn, die Stabilität des eingearbeiteten Wirkstoffes erfordert die Kühlschranklagerung. Hier geht es vor allem um den mikrobiologischen Aspekt, da im Gebrauchszustand beim Patienten die Hygienebedingungen als ungünstiger bewertet werden müssen als in der Apotheke. Hier ist es wichtig, dass das Konservierungsmittel seine volle Wirksamkeit behält. Diese wird durch niedrige Temperaturen reduziert.

Im Jahr 2015 hatte es zu dem Thema einen Rezepturtipp (Newsletter) auf unserer Homepage gegeben.

Zu Frage 2, Haltbarkeit nach Anbruch:

Eigene Stabilitätsuntersuchungen zur Festlegung der Verwendbarkeitsfristen führen wir nicht durch. Vielmehr handelt es sich bei den Werten häufig um persönliche Mitteilungen der jeweiligen Ausgangsstofflieferanten, die für ihre Stoffe teilweise Stabilitätsdaten einholen. Die Angaben der DAC-Anlage I sind somit mehr als Orientierungswerte anzusehen und können nach eigener Nutzen-Risiko-Betrachtung individuell festgelegt werden. Im Zweifel gelten immer die Angaben des Herstellers, sollten solche auf dem Analysenzertifikat vermerkt sein. Handelt es sich um oxidationsempfindliche Substanzen oder Zubereitungen, die solche enthalten, käme eine Argonüberschichtung zur Verlängerung der Verwendbarkeitsfrist infrage (beispielsweise bei fetten Ölen).
Bei einer Retest-Prüfung muss die Monographie-Konformität überprüft und bestätigt werden. Hierfür sind "nur" die veränderlichen Eigenschaften eines Stoffes noch einmal zu prüfen (pH-Wert, Aussehen der Lösung, Wassergehalt/Trocknungsverlust, Gehalt) und ggf. die mikrobiologische Qualität. Nicht feststehende Parameter, die beispielsweise aus der Synthese des Stoffs stammen (Prüfung auf verwandte Substanzen, Schwermetalle, etc.) oder beim Anbau der Pflanze enstehen (Schwermetall-Gehalt, Aflatoxine, Fremde Bestandteile) müssen nicht zwingend bei einem Retest geprüft werden. Die Prüfung hängt jedoch individuell von der entsprechenden Substanz/Zubereitung ab.

So kann es sein, dass Sie beispielsweise nach DAC- oder Arzneibuch-Monographie den pH-Wert und den Gehalt prüfen müssten. Sollte sich daraus ergeben, dass der Stoff in einem einwandfreien Zustand ist, dann können Sie die Verwendbarkeitsfrist auf die Hälfte der Originallaufzeit des Herstellers festlegen (Faustregel). Bei dieser Regelung handelt es sich jedoch um eine pauschale Verlängerung der Verwendbarkeitsfrist, ohne handfeste Literaturdaten.
Sollten Sie Zweifel an der Qualität feststellen (beispielsweise die Prüfung auf Sauer oder Alkalisch reagierende Substanzen und/oder die Prüfung auf Wasserlösliche Substanzen ist nicht in Ordnung), dann müssen Sie den Stoff in jedem Fall verwerfen.

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Informationen weitergeholfen zu haben.

Viele Grüße

Sybille Huth (DAC)